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Laien fordern mehr Mitsprache beim Thema „Pastoral der Zukunft“

Herbstvollversammlung des Diözesanrats setzt sich mit „Kirche der Beteiligung“ und zukunftsfähigen Modellen der Gemeindeleitung auseinander – Generalvikar Keßler positioniert sich gegen ein Nebeneinander verschiedener Modelle von Pastoralen Räumen – Votum für eine Diözesansynode

Würzburg (POW) Die Zukunft der Pastoral im Bistum Würzburg und die damit verbundenen Strukturfragen sollen in einer Diözesansynode geklärt werden. So lautet eine Forderung, die das oberste Laiengremium der Diözese bei seiner Herbstvollversammlung im Würzburger Exerzitienhaus Himmelspforten beschlossen hat. Bischof Hofmann wird darin gebeten, das Anliegen einer solchen Synode in die Empfehlungen aufzunehmen, die er nach eigenem Bekunden seinem Nachfolger an die Hand geben wolle. „Wesentliche Strukturveränderungen binden das Volk Gottes auf lange Zeit. Damit neue Strukturen von den Menschen mitgetragen und mit Leben erfüllt werden, sind diese so intensiv wie möglich an deren Entwicklung zu beteiligen“, heißt es in dem vom Diözesanrat der Katholiken am Samstag, 15. Oktober, beschlossenen Antrag. Zudem beauftragten die Delegierten den Vorstand des Diözesanrats, auf Basis des Beschlusses der Außerordentlichen Diözesanratsvollversammlung vom 2. Juli 2016 eine Stellungnahme zu der von der Dekanekonferenz verabschiedeten Orientierungshilfe für den Bischof abzugeben. Bischof Hofmann hatte zum Auftakt der Tagung die Delegierten aufgefordert, die Fundamente des Glaubens stärker in den Blick zu nehmen (siehe eigener Bericht).

Weiter stimmte die Versammlung dafür, zwei Modelle zur zukünftigen Leitung und Verantwortung in Pfarreien und Pfarreiengemeinschaften zu erproben. Ein Vorschlag sieht vor, dass engagierte Frauen und Männer gemeinsam Verantwortung und Leitung für ihre Gemeinde übernehmen, die Teil eines größeren pastoralen Raums ist, beispielsweise einer Pfarreiengemeinschaft. Dazu werden diese Gemeindemitglieder auf der Basis von Taufe und Firmung vom Bischof als Bezugspersonen für ihre Gemeinde beauftragt. Als weiteres Modell sollen pastorale Koordinatoren in großen Pastoralen Räumen erprobt werden. Frauen und Männer mit pastoralen, pädagogischen oder sozialen Grundberufen (Gemeinde- oder Pastoralreferenten, Sozialpädagogen) sollen mit ihren Erfahrungen, Kompetenzen und Charismen die Pfarrer in deren anspruchsvollen Leitungsaufgaben unterstützen. „Der Prozess der Konzeption und Durchführung solcher zukunftsfähigen Modelle sollte zeitnah beginnen und über einen arbeitsfähigen Zeitraum von mindestens fünf Jahren andauern“, heißt es in dem Antrag.

Die Anträge entstanden zum Abschluss eines ausführlichen Gesprächs mit Generalvikar Thomas Keßler am Freitagabend sowie eines Studienteils am Samstag, bei dem Dr. Daniela Engelhard, Seelsorgeamtsleiterin im Bistum Osnabrück, über Strukturveränderung in ihrem Bistum und Professor Dr. Thomas Schüller, Professor für Kirchenrecht an der Universität Münster, über den Spielraum des Kirchenrechts referierten.

Generalvikar Keßler verwies darauf, dass er Kirche grundlegend als das Ringen im Heiligen Geist verstehe. Im Mittelpunkt der Überlegungen zur Pastoral der Zukunft im Bistum Würzburg stehe die Frage, wie den Menschen Raum für ihren Glauben gegeben werden könne und somit sichergestellt werde, dass die Frohe Botschaft auch auf Zukunft hin verkündet werde. Erste konkrete Gedanken seien mit dem Votum des Allgemeinen Geistlichen Rats als „einem Baustein“ in den Raum gestellt worden. „Ich spiele mit offenen Karten.“ Zugleich betonte Keßler, dass er gegen ein Nebeneinander verschiedener Rechtskonstruktionen für die neu zu gliedernden Pastoralen Räume sei. „Wir werden einen solchen Weg nicht gehen.“ Verschiedene Strukturmodelle nebeneinander könnten sonst ein Durcheinander zur Folge haben. „Das führt dann bei der Ausbildung der Seelsorger, bei der Verwaltung und nicht zuletzt bei den Gläubigen selbst zu Verwirrung“, sagte der Generalvikar.

Als einen „Werkstattbericht“ wollte Seelsorgeamtsleiterin Engelhard die von ihr vorgestellten Erfahrungen aus dem Bistum Osnabrück verstanden wissen. Zwischen Ostfriesland, Bremen und der Gegend um Osnabrück selbst gebe es sowohl fast rein katholische Regionen wie auch Diaspora. Als eine Antwort darauf seien die bisherigen Pfarreien im ländlichen Raum meist zu Pfarreiengemeinschaften zusammengeschlossen worden, in der Stadt dagegen neue größere Pfarreien geschaffen worden. „Absehbar ist aber auch schon: Wir haben schon jetzt nicht genug leitungsbefähigte Pfarrer.“ Neben eigenen Überlegungen hätten auch weltkirchliche Erfahrungen, zum Beispiel aus Lateinamerika, und die Rückbesinnung auf das Zweite Vatikanum beim Festlegen der „Leitplanken“ für die Neuorientierung geholfen.

Karl Rahners Satz „Jeder Getaufte ist ein geweihter Seelsorger“ werde zum Beispiel in den Gemeindeteams ernst genommen, die sich aus vom Bischof für eine bestimmte Zeit beauftragten Ehrenamtlichen zusammensetzen. „Diese garantieren, in Zusammenarbeit mit einem Priester, dass Kirche vor Ort ein Gesicht hat – auch in einem großen Pastoralen Raum.“ In großen Pfarreien seien den Pfarrern hauptamtliche Seelsorger als Koordinatoren zur Seite gestellt worden, die zum Beispiel bei der Verwaltung oder in Aufgaben, die nicht genuin einem Priester zufallen, Entlastung geben.

Als „sehr ambitioniert“ und einen „Crashkurs“ bezeichnete der Kirchenrechtler Professor Schüller die Zielvorgabe, die derzeit in Würzburg im Raum stehe. „Sie haben erst vor wenigen Jahren aus über 600 Pfarreien rund 180 Pfarreiengemeinschaften gemacht. Und daraus sollen jetzt 40 Pfarreien werden.“ Deutschland sei mit seiner kleinteiligen Pfarreienlandschaft weltweit ein Unikat. „Ich rate aber dazu, immer gut zu überlegen, ob es gut ist, etwas zu zerschlagen, das schon Pest, Kriege und Jahrzehnte ohne einen Pfarrer überstanden hat.“ Rein theoretisch wäre es denkbar, pro Bistum die Zahl der Pfarreien auf die vom Kirchenrecht vorgegebene Unterzahl von zwei Pfarreien zu reduzieren. Wenn die Zahl der Priester nicht ausreiche, sehe das Kanonische Recht (CIC) die Möglichkeit vor, dass ein Pfarrer mehrere aneinandergrenzende Pfarreien leite. Wo auch das nicht möglich sei – und davon gebe es derzeit etwa 3000 Pfarreien weltweit – sehe das CIC ausdrücklich vor, dass eine Gemeinschaft von Personen ohne Priesterweihe die Seelsorge unter Leitung eines Priester übernimmt. „Der Vorteil ist, dass nicht zuletzt bei den so genannten ‚Fernstehenden‘ – und das sind 90 Prozent der Kirchensteuerzahler – Kirche vor Ort weiterhin ein Gesicht hat, auch wenn eben kein Pfarrer im Pfarrhaus wohnt.“ Wichtig sei bei einer solchen Lösung eine strukturell dauerhafte Begleitung. Eindringlich warnte Schüller davor, alle Planung nur im Blick auf Priestermangel zu betreiben. „Wir sollten nicht glauben, dass es keine Berufungen mehr gibt.“

mh (POW)

(4216/1119; E-Mail voraus)

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