Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Dokumentation

„Die Freude erwächst aus dem Glauben an die Größe des Herrn“

Predigt von Bischof Dr. Franz Jung am Dienstag, 8. Dezember 2020, im Würzburger Kiliansdom beim Gottesdienst zur Aussendung der 40 Steuerungsgruppen in die Pastoralen Räume

Liebe Schwestern und Brüder,

am heutigen Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Gottesmutter Maria möchte ich mit Ihnen anlässlich der Aussendung der Steuerungsgruppen der Pastoralen Räume eines der ältesten Mariengebete betrachten. Es ist das Gebet „Tota pulchra es, Maria“, das aus dem vierten Jahrhundert stammt. Es lautet:

Tota pulchra es, Maria

Ganz schön bist Du, Maria,

und der Erbschuld Makel ist nicht in Dir.

Deine Kleider sind hell wie Schnee,

und Deine Gestalt wie die Sonne.

Ganz schön bist Du, Maria,

und der Erbschuld Makel ist nicht in Dir.

Du bist der Ruhm Jerusalems,

Du die Freude Israels,

Du die Ehre unseres Volkes.

Ganz schön bist Du, Maria.

Ganz schön bist Du, Maria, und der Erbschuld Makel ist nicht in Dir

Das Ideal nicht aus den Augen verlieren und groß denken

Mit dem Lob der Gottesmutter Maria hebt das wunderbare Gebet „Tota pulchra es, Maria“ an. „Du bist ganz schön, Maria!“ Mich fasziniert daran der Mut, etwas als ganz schön, als uneingeschränkt lobenswert zu betrachten. Das Hochfest der ohne Erbsünde empfangenen Jungfrau Maria feiert genau das: dass es noch Ideale gibt und dass wir Menschen Ideale brauchen. Das ist nicht selbstverständlich. Denn sehr oft legen wir unser Augenmerk auf das, was nicht gut läuft, was hinter dem Ideal zurückbleibt. Zuweilen kann einen der Eindruck überkommen, wir hätten mehr Freude am Enthüllen des Schlechten als am Glauben daran, dass es ein Ideal gibt. Wir hätten eine geradezu diebische Freude daran, die Fehler anderer aufzudecken als in Bezug auf das heutige Fest daran zu glauben, dass es einen Menschen gibt, der vom Makel der Sünde bewahrt blieb und der sich die ursprüngliche Schönheit bewahrt hat. Maria steht dabei nicht nur für den von Gott erneuerten Menschen ohne Erbschuld. Sie steht auch für den reinen Ursprung der Kirche trotz aller Fehler und Makel, die gerade in unseren Tagen unabweisbar sind. Es gibt aber ein Ideal. Und der heutige Festtag sagt uns, dass dieses Ideal tragfähig ist und einen Hoffnungsschimmer am Horizont bildet.

Für die Sendung der Steuerungsgruppen bedeutet das für mich, dass wir nicht zögern sollten, zunächst einmal beim Ideal anzusetzen. Wie würden wir uns die ideale Kirche in einem Pastoralen Raum vorstellen? Was müsste gegeben sein, wenn es ideal wäre? Einmal ganz neu beginnen und nicht am Alten herumdoktern, das meist doch nicht weiterführt. Wie würde es aussehen, wenn es am Ende „ganz schön“ wäre?

Deine Kleider sind hell wie Schnee…

Keine Flickschusterei, sondern den großen Wurf

Das wunderbar neue Kleid der Gottesmutter hat noch keinen Schmutz gefangen und ist noch ohne Löcher. Zurecht sagt Jesus, dass es nicht darum gehen kann, neue Flicken auf ein altes Kleid zu nähen. Denn das passt vorne und hinten nicht, die Flicken reißen wieder aus und das Kleid ist vollends verdorben samt der Flicken (Mk 2,21). Das wunderbare neue Kleid der Gottesmutter ist nichts zusammengestückeltes, sondern ein ganz neues Gewand. Gerade das macht es so schön.

Für die Arbeit der Steuerungsgruppen bedeutet das, nicht einfach irgendetwas zusammenzustückeln, sondern noch einmal neu auf das Ganze zu schauen. Natürlich ist das ein Prozess, und natürlich muss sich das entwickeln. Aber wenn es mehr sein soll als Stückwerk, wo nur alte Versatzstücke zu neuem zusammengenäht werden, wird es nicht viel helfen. Was muss geschehen, dass es etwas Neues, etwas Ganzes gibt? Wie sieht ein neuer Zuschnitt und ein wirkliches ansprechendes Kleid aus, das kein „Flickerlteppich“ ist?

…und Deine Gestalt wie die Sonne

Auf Gott schauen und sich von ihm erleuchten lassen

Die Sonne ist Christus. Von ihm her fällt der Glanz auf Maria. Die Kirchenväter haben die Gottesmutter und die Kirche mit dem Mond verglichen. Beide haben nicht selbst das Licht in sich, aber sie sind der ungetrübte Widerschein des göttlichen Lichtes. Während jedoch wir wie der wechselhafte Mond oft genug den göttlichen Glanz verdunkeln, bleibt Maria der reine Spiegel göttlichen Lichtes. Sie steht ganz im Glanz der göttlichen Gnade und wird damit zur Morgenröte des Heils, die den Aufgang des wahren Lichts erahnen lässt.

Für die Arbeit der Steuerungsgruppen heißt das, sich zuerst einmal darüber Gedanken zu machen, was den göttlichen Glanz trübt: in uns als Personen und in den ausgesprochenen oder unausgesprochenen Problemen, Konflikten und Ängsten. Was nicht am Beginn ausgeräumt wird, was nicht im Blick auf den reinen Neubeginn in Maria bereinigt und geklärt wird, wird erfahrungsgemäß die Arbeit belasten. Statt etwas auszustrahlen, wird es dann nur ein schwacher und matter Abglanz dessen sein, was möglich wäre.

Du bist der Ruhm Jerusalems

In Maria zum Sakrament des Heils werden

Maria wird als der Ruhm Jerusalems bezeichnet. Sie ist die erste Bürgerin, ja die Ehrenbürgerin der neuen Himmelsstadt Jerusalem. Denn sie hat in vorbildlicher Weise das getan, was uns allen aufgetragen ist: Christus in die Welt zu bringen durch ihre ungeteilte Bereitschaft und ihr Hinhören auf Gottes Wort.

Für unser Planen in den Pastoralen Räumen heißt das, uns zu fragen, wie wir in Maria zum Sakrament des Heils werden können, wie wir Christus zu den Menschen tragen können? Wo pflegen wir Räume des Gebets, durch das das neue Jerusalem aufgebaut wird? Wo verkünden wir den Menschen die frohe Botschaft vom nahen Gott? Wo helfen wir durch den Dienst am Nächsten, dass das neue Jerusalem sichtbare Kontur gewinnt als Ort gelebter Gottes- und Nächstenliebe? Man soll auch von uns sagen können, wir seien der Ruhm der heiligen Gottesstadt und deren Bürger hier auf Erden.

Du die Freude Israels

Den Lobgesang auf die Umkehrung aller Verhältnisse durch Gott im Magnificat mitsingen

Weil Maria ganz vom Geist erfüllt ist, singt sie in ihrem Magnificat das neue Lied des erlösten Menschen. Sie singt das Abendlob der alten Welt, weil mit ihr etwas ganz Neues anhebt. Es ist die Freude an Gott, die sie stark macht. Und es ist die Freude an Gott, die auch uns in diesem neuen Lied stärkt und Kraft gibt.

Für unser Tun und Planen, heißt es deshalb, mit Maria immer wieder in den Lobpreis Gottes einzustimmen. Nicht in das alte Lied zurückzufallen von dem, was alles nicht geht. Sondern mit Maria in das neue Lied einzustimmen, das von der Veränderung der Welt kündet. Vom Lied, in dem Maria singt, dass nicht den Mächtigen und den Hochgestellten, den Satten und Reichen die Welt gehört, sondern denen, die arm sind und von Gott alles erwarten, die niedrig sind und von Gott erhöht werden, die hungrig sind und sich mit nichts Irdischem abspeisen lassen und die mittellos sind, weil sie auf Gott vertrauen. Die Freude erwächst aus dem Glauben an die Größe des Herrn, der unserer Schwachheit aufhilft.

Du die Ehre unseres Volkes

Den Glauben an die Würde aller Berufenen sich bewahren trotz aller Rückschläge

In Maria wird die Ehre des Volkes gerettet. Denn Gott gibt den Menschen nicht auf. Er glaubt unverbrüchlich daran, dass der Mensch Gottes fähig ist und dass er berufen ist, mitzuwirken an der Erlösung der Welt.

Gegen allen Kleinmut und gegen alle Erfahrungen von Scheitern und Ohnmacht hilft uns der Blick auf Maria, nicht zu verzagen. Weil Gott an das Gute im Menschen glaubt und ihm Großes zutraut, deshalb dürfen wir unverzagt ans Werk gehen. Maria als Ehre des Volkes schenkt uns unsere Würde zurück. Ihr Beispiel ist uns Zuspruch und Ermutigung auf unserem weiteren Weg.

Möge uns das kleine Gebet „Tota Pulchra es, Maria“ immer wieder Ansporn, Ermutigung, aber auch Einladung zur Vertiefung sein auf dem Weg der Erneuerung unseres Bistums.

Dazu gebe uns Maria, die Patrona Franconiae, ihren Segen und ihr Geleit!  Amen.