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Dokumentation

Statement von Bischof Dr. Franz Jung bei der Pressekonferenz am 28. Januar 2022

Gesamtblick auf 2022

Jahresmotto: „Verleih mir ein hörendes Herz!“ (nach 1 Kön 3,9)

Als Jahresmotto haben wir uns in diesem Jahr ein Wort aus dem ersten Buch der Könige gewählt. Es handelt sich um die Bitte des jungen König Salomo, die er bei seinem Regierungsantritt Gott unterbreiten darf.

„Verleih mir ein hörendes Herz!“, wünscht sich der junge König und offenbart in diesem Wunsch zum ersten Mal seine Weisheit. Denn er wünscht sich kein langes Leben, keinen Reichtum, auch nicht den Tod seiner Feinde. Er wünscht sich also kein unbeschwertes Leben. Seine einzige Sorge gilt dem Hinhören auf das, was Gott ihm zu sagen hat.

Das Motto des jungen Salomo passt gut in die momentane Situation der Kirche in Deutschland. Denn auch wir spüren, dass es darum geht, hinzuhören. Hinzuhören auf die Erfahrungen von Betroffenen sexuellen Missbrauchs, wozu uns die Veröffentlichung der Münchner Missbrauchsstudie erneut mahnt.

Hinzuhören aber auch auf die belastenden Erfahrungen von queeren Menschen, worauf die Kampagne „OutInChurch. Für eine Kirche ohne Angst“ in diesen Tagen aufmerksam macht.

Wie im Fall des Salomo geht es nicht um langes Leben und nicht um Reichtum der Kirche. Es geht um das Hinhören, was Gott uns sagt, „der uns durch die Wirklichkeit umarmt“, wie es so schön heißt. Erst einer hörenden Kirche ist verheißen, lange zu bestehen und über die Mittel zu verfügen, die sie braucht zur Verwirklichung ihrer Mission.

Die Wahl des Jahresmottos ist überdies inspiriert durch die Erinnerung des Papstes an die Haltung des Zuhörens, die die Grundlage aller synodalen Prozesse ist. Angesichts zunehmender Polarisierung in der Gesellschaft zeigt sich, wie wichtig es ist, aufeinander zu hören und in ein Gespräch miteinander einzutreten. Auf unserem Weg, uns als Bistum zukunftsfähig aufzustellen, wird uns das Einüben der Haltung gegenseitigen Zuhörens eine gute Hilfe sein.

Was im Jahr 2022 ansteht: Konsolidierung der neuen Strukturen

Die Pastoralen Räume

Ende vergangenen Jahres haben wir die neun neuen Dekanate gebildet. Mit dieser Maßnahme und der derzeit laufenden Errichtung der 43 Pastoralen Räume sind die strukturellen Veränderungen im Bistum abgeschlossen. Im neuen wie in den kommenden Jahren wird es darum gehen, die Arbeit in den Räumen und Dekanaten neu aufzustellen.

Diesen Prozess zu fördern, dienen meine Besuche in den Pastoralen Räumen. Mir ist es ein Anliegen, mit den Haupt- und Ehrenamtlichen vor Ort das direkte Gespräch zu suchen. Dabei geht es mir zum einen darum, die Teams kennenzulernen und zu hören, vor welchen Herausforderungen sie stehen. Diese sind unterschiedlichster Art: Sei es sich als Team überhaupt erst zu finden, sei es, die Arbeitsweise zu klären, sei es, Problemüberhänge aus der Vergangenheit zu bearbeiten, um einen Neuanfang zu setzen, sei es, die Ehrenamtlichen einzubinden und mitzunehmen auf dem Weg in den neuen Pastoralen Raum.

Neben der Arbeit des Teams interessieren mich natürlich auch die Chancen, die die Teams für ihre Räume sehen und die es zu entwickeln gilt. Wo liegen die Schwerpunkte künftiger Arbeit? Mit welchen Partnern gilt es, sich zu vernetzen? Wie kann Pastoral im Sozialraum gedacht werden? Welche Unterstützung von Würzburg wird benötigt?

Das ökumenische Interesse und die häufige Präsenz von Vertretern der Kommunalpolitik bei meinen Besuchen vor Ort zeigen, dass die Idee der Pastoralen Räume mit ihrem Vernetzungsgedanken reges Interesse weckt und dazu einlädt, die Idee der Vernetzung für den eigenen Bereich weiterzuspinnen.

Die Konsolidierung des Haushaltes

Neben der pastoralen Neuordnung setzen wir auch in diesem Jahr den Prozess der Konsolidierung unseres Haushaltes fort.

Zwei harte Grundsatzentscheidungen mussten wir vergangenes Jahr an dieser Stelle verkünden. Wir trennen uns von einem Teil der Bildungshäuser. Das heißt jedoch nicht, dass wir unsere Bildungsangebote herunterfahren. Bildung geschieht heute in vielen unterschiedlichen Formen und Foren, für die Bildungshäuser nicht unbedingt erforderlich sind.

Wir haben uns auch dazu durchringen müssen, uns soweit als möglich von den Immobilien der Kindertagesstätten zu trennen. Auch mit diesem Schritt geht es nicht darum, uns vom Bereich kindlicher Früherziehung insgesamt zu verabschieden. Wir wollen vielmehr die Betriebsträgerschaft der Kindertagesstätten weiterführen. Aufgrund finanzieller Engpässe sehen wir uns aber nicht mehr in der Lage, den Immobilienunterhalt zu stemmen. Mein Dank gilt an dieser Stelle den Kommunen, mit denen wir in konstruktiven Verhandlungen stehen und denen katholische Kindertagesstätten vor Ort ein Herzensanliegen sind.

Weitere Schwerpunktsetzungen stehen an. Die einzelnen Hauptabteilungen sind seit Ende des vergangenen Jahres aufgefordert, entsprechende Vorschläge auszuarbeiten, die in diesem Jahr dann verabschiedet werden sollen.

Der Synodale Weg

Vom 3. bis zum 5. Februar steht jetzt in Frankfurt die dritte Synodalversammlung an. Als Neuerung werden bei dieser Vollversammlung zum ersten Mal Texte in zweiter Lesung behandelt, das heißt es geht um die Vorbereitung definitiver Beschlüsse.

Vorgelegt werden dazu der Orientierungstext des Synodalen Wegs, der die theologischen Grundlagen behandelt, und der Grundtext „Macht und Gewaltenteilung“ sowie ein dazugehöriger Handlungstext, der von der Partizipation des gesamten Gottesvolkes am Verfahren der Bischofsernennung handelt.

Die Texte lagen bereits in erster Lesung der zweiten Synodalversammlung vor und haben eine grundlegende Überarbeitung erfahren. Zu den Vorlagen war es möglich, Modi einzureichen. Aus diesen wiederum wurden Änderungsanträge erarbeitet, über die während der Versammlung Anfang Februar zu befinden ist.

Insgesamt fand ich es sehr erfreulich, dass die Rückmeldungen zur ersten Lesung von den jeweiligen Foren vielfach aufgegriffen wurden. Dadurch haben die neuen Textvorlagen erheblich gewonnen, sei es quantitativ durch die Kürzung der oft zu langen Textentwürfe, sei es qualitativ durch eine wesentlich präzisere Gedankenführung.

Schwierig war für die Modi-Phase das sehr enge Zeitfenster in der Zeit vor und nach Weihnachten mit Ende der Frist am 3. Januar. Vielleicht hängt es mit dieser knappen Zeitvorgabe zusammen, dass nur relativ wenige Personen eine Rückmeldung gegeben haben.

Nach wie vor wird die Herausforderung sein, die Fülle von Rückmeldungen gut zu diskutieren und nicht im Minutentakt abzuhaken oder einfach als Gesamtpaket abzustimmen, ohne sich die Mühe zu machen, die Modi zu wägen.

Eine vierte Synodalversammlung ist dieses Jahr in der Zeit vom 8. bis 10. September geplant.

Aufarbeitung Missbrauch

Die verständliche Empörung, die die Veröffentlichung des Münchner Missbrauchsgutachtens ausgelöst hat, führt in der öffentlichen Wahrnehmung immer wieder zum Eindruck, Kirche würde zu wenig tun oder gar das Problem aussetzen. Dieser Eindruck ist nicht zutreffend, auch wenn ich gerne einräume, dass viele Vorgänge rund um das Thema Aufarbeitung des Missbrauchs einen relativ langen – für manche zu langen – Vorlauf benötigen.

Dennoch möchte ich erneut darauf hinweisen, dass ich als Bischof mich nach Kräften dafür einsetze, der Selbstverpflichtung nachzukommen, die ich und die wir als Bischöfe gegenüber dem Unabhängigen Beauftragten für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs, Herrn Johannes-Wilhelm Rörig, eingegangen sind.

Diese Selbstverpflichtung beinhaltet die Bildung einer Unabhängigen Aufarbeitungskommission, die das Verfahren der Aufarbeitung des Missbrauchs in eigener Regie festlegt. Eine solche Unabhängige Aufarbeitungskommission konnten wir im vergangenen Jahr bilden. In diesem Jahr wird sie ihre inhaltliche Arbeit aufnehmen.

Zur Selbstverpflichtung gehört auch die Bildung eines Betroffenenbeirats, der diesen Prozess begleitet und das Bistum unterstützt bei Maßnahmen, künftigen Missbrauch zu unterbinden. Ich selbst stehe in regelmäßigem Austausch mit dem Betroffenenbeirat und war auch im vergangenen Jahr mehrfach zu Gast, um dem Gremium Rede und Antwort zu stehen.

Schließlich hat das Bistum nach Abstimmung mit der Unabhängigen Aufarbeitungskommission einen Vertrag mit der Universität Würzburg abgeschlossen über ein wissenschaftliches Begleitprojekt zur Dokumentation des Missbrauchsgeschehens im Bistum Würzburg. Die Universität hat ihrerseits Herrn Professor Dr. Dominik Burkard vom Lehrstuhl für Kirchengeschichte des Mittelalters und der Neuzeit der Katholisch-Theologischen Fakultät mit der Durchführung dieses Projektes betraut.

Leistungen in Anerkennung des Leids

Seit dem 1. Januar 2021 ist die neue Verfahrensordnung zur Anerkennung des Leids in Kraft, das Opfern sexuellen Missbrauchs zugefügt wurde. Nach diesem weiterentwickelten Verfahren können sowohl erstmalige Anträge als auch erneute Anträge an die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen von Betroffenen gestellt werden. Erneute Anträge können diejenigen stellen, die bereits früher einen Antrag auf Anerkennung des Leids gestellt haben. Bei ihnen werden die Zahlungen des ersten Verfahrens auf die durch die Unabhängige Kommission festgelegte Gesamtsumme angerechnet.

Die Unabhängige Kommission für Anerkennungsleistungen kann, orientiert an Schmerzensgeldzahlungen, Leistungen von bis zu 50.000 Euro festlegen. Bei besonders schweren Härtefällen sind höhere Leistungen oder anderweitige Unterstützungen mit Zustimmung des zuständigen Bistums möglich. Zusätzlich können – wie bisher – Kosten für Therapie- und/oder Paarberatung übernommen werden.

Im Bistum Würzburg wurden seit Jahresbeginn 2021 insgesamt 32 Anträge gestellt. 17 Anträge sind erneute Anträge, 15 Anträge wurden erstmalig gestellt.

Von den 32 Anträgen sind mittlerweile 17 Anträge von der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen entschieden worden: elf erneute Anträge und sechs erstmalige Anträge.

Die Unabhängige Kommission hat entschieden, dass für diese 17 Anträge Anerkennungsleistungen in Höhe von insgesamt 367.500 Euro zu erbringen sind.

Hiervon wurden 243.000 Euro im Jahr 2021 an Betroffene gezahlt, 124.500 Euro waren bereits auf Basis des alten Verfahrens bei früheren Anträgen ausgezahlt worden.

Zusätzlich hat sich das Bistum Würzburg an einem in einem anderen Bistum gestellten Antrag mit 16.000 Euro im Jahr 2021 beteiligt.

Wichtige Personalien im Jahr 2022

Bischof Dr. Friedhelm Hofmann feiert in diesem Jahr gleich zwei Jubiläen. Am 12. Mai vollendet er sein 80. Lebensjahr und am 13. September blickt er auf 30 Jahre Bischofsweihe zurück. Beide Jubiläen werden wir in einer gemeinsamen Feier in diesem Jahr mit ihm begehen.

Unser Weihbischof Ulrich Boom erreicht dieses Jahr die Altersgrenze für Bischöfe mit der Feier seines 75. Geburtstags im September. Er ist daher vom Kirchenrecht her gehalten, seinen Rücktritt dem Heiligen Vater anzubieten. Nach der Entscheidung aus Rom wird sich das weitere Verfahren klären.

Jubiläen und Gedenktage

Den 80. Todestag Georg Häfners (am 20. August) begehen wir am Vorabend, seinem Gedenktag, dem 19. August, um 17.30 Uhr mit einem Pontifikalamt im Neumünster und einer Statio an seinem Urnengrab in der Kilianskrypta. Sein Martyrium und sein mutiges Glaubenszeugnis sind uns ein bleibendes Vorbild und eine Verpflichtung gerade angesichts einer Welt, in der noch nie so viele christliche Schwestern und Brüder Verfolgung erleiden wie heute.

Den 1350. Geburtstag des heiligen Bonifatius begehen wir am Pfingstsonntag, 5. Juni. In Zeiten des Umbruchs ist es wichtig, sich der Anfänge zu vergewissern. In diesem Fall heißt es, dankbar auf das Leben unseres Bistumsgründers zurückzuschauen.

Das Jubiläum 50 Jahre Ständiger Diakonat feiern wir am 26. März. Das ist ein wichtiger Impuls auch für unser Bistum und für die Diskussion beim Synodalen Weg. Denn mit dem Ständigen Diakonat hat die Kirche ein neues Amt eingeführt und damit der alten Idee einer dienenden Kirche nach dem Beispiel Christi viele neue Gesichter verliehen.

Partnerbistümer: Óbidos

Dieses Jahr schauen wir zurück auf zehn Jahre Partnerschaft mit dem Bistum Óbidos. Nach dem Besuch in Mbinga in Tansania im vergangenen Jahr freue ich mich nun auf meinen ersten Besuch in Lateinamerika. Das Bistum Óbidos liegt im nordbrasilianischen Bundesstaat Pará am Amazonas. Es erstreckt sich über rund 183.000 Quadratkilometer und ist damit halb so groß wie die Bundesrepublik Deutschland. Von daher interessiert mich natürlich brennend, wie Seelsorge unter so ganz anderen Rahmenbedingungen funktioniert. Der Besuch ist geplant im Anschluss an die Kiliani-Woche 2022, also in der zweiten Julihälfte. Auf meiner Reise wird mich eine VertreterIn des Diözesanrats, Domkapitular Albin Krämer, ein Mitarbeiter der Diözesanstelle Weltkirche sowie eine VertreterIn unseres Pressedienstes begleiten.

Dank an unsere Kirchensteuerzahlenden

Sie können sich vorstellen, dass die Zahl der Kirchenaustritte mich als Bischof sehr belastet. Ich kann die Enttäuschung vieler Gläubiger über ihre Kirche sehr gut nachvollziehen und leide selbst unter dem Bild, das die katholische Kirche momentan in der Öffentlichkeit abgibt. Mir ist auch sehr bewusst, dass viele Mitchristen ihren weiteren Verbleib in der Kirche von der Frage abhängig machen, ob es wirklich eine erneuerte Gestalt der Kirche geben wird, der Frage nach der Zukunft also, die weitaus mehr Gewicht hat als der Blick zurück mit der Bearbeitung und Aufarbeitung der Vergangenheit. Ich setze mich beim Synodalen Weg gerne dafür ein. Mir ist es aber auch ein Anliegen, von Herzen all denen zu danken, die uns trotz allem, was nicht gut läuft, die Treue halten, sei es durch ihre Mitarbeit, sei es durch ihren Kirchensteuerbeitrag. Danke dafür! Ich weiß, wir müssen ihn uns wahrscheinlich wie nie zuvor verdienen. Ich hoffe, dass wir Sie nicht enttäuschen auf dem Weg der inneren Erneuerung unseres Bistums.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!